Alfons Zieder, 1989:
Es hat wohl schon früher immer wieder Kinder gegeben, die an den
Nikolaus oder an das Christkind geschrieben und die Briefe mit ihren
Wunschzetteln den Eltern anvertraut oder nachts auf die Fensterbank
gelegt haben.
Ganz vorsichtige Kinder haben aber der Fensterbank wohl nicht so
recht getraut und die in den nächsten Briefkasten geworfen.
Eine Antwort konnten sie dabei nicht erwarten, solange die Briefe
postalisch nicht zustellbar waren, weil es für den Nikolaus oder das
Christkind keine irdische Adresse gab.
Das änderte sich, als im
Jahre 1966 eine pharmazeutische Firma aus Weil am Rhein vor
Weihnachten ihre Briefe und Geschenksendungen an Kinder von Ärzten
mit dem Poststempel der damals noch selbständigen Gemeinde St.
Nikolaus abstempeln ließ. Diese Idee regte das zuständige Postamt in
Völklingen dazu an, im Jahre 1967 für die Nikolauszeit einen
Werbestempel einzuführen mit dem Bild des hl. Nikolaus und der
Inschrift: St. Nikolaus bringt Freude und teilt Gaben aus.
Seither werden in dem Dorf St. Nikolaus Briefe an den Nikolaus von dem Nikolaus im Nikolauspostamt beantwortet.
Aus zunächst vier‑ bis fünfhundert Briefen in den ersten Jahren sind
inzwischen (1989) bis zu fünftausend Briefe jährlich geworden, die aus aller Welt kommen. überwiegend sind es Briefe von Kindern mit
Wunschzetteln, wobei die Wünsche nicht immer so bescheiden sind, wie
die der kleinen Anja, die geschrieben hat:
"Lieber Nikolaus, für mich brauchst Du nichts zu bringen.
Hilf lieber den
armen Kindern in der Welt."
Oft gibt es auch recht ausgefallene Wünsche, wie zum Beispiel der des
kleinen Franzl aus Bayern, der schreibt:
"Zu Weihnachten wünsche ich mir eine Flasche Bier. Die anderen trinken
allweil Bier, und wenn ich auch was will, sagen sie immer nur zu
mir, ich wäre noch zu klein und mir würde schwindlig im Kopf. Das
glaube ich aber nicht. Mein Papa trinkt viele Flaschen und hat noch
nicht einmal Kopfweh."
Vielen Kindern geht es auch nur um einen Gruß vom Nikolaus, ganz einfach
als Beweis dafür, dass es ihn gibt. Wie
unbefangen Kinder heute gegenüber dem Nikolaus sein können, geht aus
den vielen Briefen hervor, mit denen sie ihm ihre kleinen oder auch
größere Probleme vortragen. Da bittet die kleine Monika den
Nikolaus, ihrem großen Bruder einmal tüchtig den Po zu versohlen,
weil der sie immer ärgert.
Der Dieter fragt, ob den Lehrern
eigentlich das Lachen verboten sei, weil sein Lehrer immer nur ein
böses Gesicht macht und keinen Spaß versteht. Oder
Marc, der schreibt:
"Lieber Nikolaus, könntest Du nicht einmal ein gutes Wort für meinen Bruder
und mich einlegen. Wir kommen immer abwechselnd mit einer Fünf nach
Hause und machen unsere Eltern ganz Traurig!.
Fiele
Grüße, Dein Marc.“
Er bekam
zur Antwort:
"Gegen Deine und Deines Bruders Fünfen, die Ihr
abwechselnd nach Hause bringt, helfen keine Nikolaus‑Fürbitten. Da
hilft nur größere Aufmerksamkeit und vor allem Fleiß. Dann kommt der
Erfolg von allein."
Die Sigrid hatte sich eigentlich einen Fotoapparat gewünscht und
schreibt:
"Da die Eltern gesagt haben, dass der Nikolaus dafür kein
Geld hat, wünsche ich mir nun, dass die Oma gesund wird, die schon
lange im Krankenhaus liegt."
Der "Briefnikolaus" hat sich mit seiner Antwort nicht gerade
festgelegt, aber immerhin Mut gemacht und dafür an Ostern von der
Sigrid folgende Zeilen erhalten:
"Lieber Nikolaus, vielen Dank für Deinen Brief. Ich habe tatsächlich doch
den Fotoapparat bekommen. Meine Oma ist fast ganz gesund und wird in
einer Woche wieder heimkommen. Darüber freue ich mich sehr."
Mit vielen Briefen besorgter Mütter wird der Nikolaus auch gebeten,
dringend notwendige Ermahnungen an ihre Kinder zu richten. Da soll besser
gegessen, früher zu Bett gegangen und weniger Zeit am Fernseher
verbracht werden. Schulaufgaben sollen gründlicher erledigt und
Zimmer besser aufgeräumt werden. Geschwister sollen sich weniger
streiten und etwas schonender mit den Nerven ihrer gestressten
Eltern umgehen. Dass entsprechende Maßnahmen des Nikolaus oft mehr
als die der Eltern oder Großeltern gefruchtet, haben, ist in
vielen Dankesbriefen bestätigt worden.
Es sind
aber nicht nur besorgte Eltern, die an den Nikolaus schreiben. Oft
sind es einsame Menschen, die das Bedürfnis haben, sich einmal
jemand mitzuteilen und die sich deshalb mit ihrem Kummer und ihren
Sorgen an den Nikolaus wenden. der ihre Probleme zwar nicht lösen
kann, dessen Antwortbriefe aber oft dankbar angenommenen Trost
bedeutet, Freude gebracht und wohl auch ein bisschen Mut gemacht
haben.
Natürlich erreichen den Nikolaus auch fröhliche Briefe von
Erwachsenen, die sich immer noch der Nikolausabende ihrer Jugendzeit
erinnern und sich sehr über die Nikolausgrüße treuen. So haben
ja die Nikolausbriefe, ob an Kinder oder an Erwachsene, immer und
überall Freude bereitet.
Diese Freude ist der schönste Lohn für die reichliche Mühe, die sich die
ehrenamtlichen Nikolaushelfer mit der Beantwortung der Briefe
bisher gemacht haben und auch weiterhin mit Lust und Liebe machen
wollen.
Nikolauspostamt ©